Nun ist es Zeit für mein Filibuster: genauso, wie Mr. Smith die Senatoren durch seine Dauerrede von der Abstimmung abhalten wollte, will ich euch durch meine Texte vom Arbeit abhalten.
Ich bin in Berlin zur Frühjahrstagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG). Ich habe mir hier viele Vorträge angehört und viele wissenschaftliche Poster angesehen. Doch wie es so üblich ist, kann man sich nach einer Stunde nicht mal mehr an das Titel erinnern. Deshalb kann ich euch nicht viel davon erzählen. Das heißt aber nicht, dass ich nichts gelernt habe. Wenn man mit dem Zug oder Bus fährt, sieht man immer, dass die Fahrgäste immer sich an leere Doppel- und Vierersitze setzen und erst wenn keine frei sind setzen sie sich zögernd an Teilbelegte Sitze. Es ist verblüffend, dass sich die Natur in so vielen Gebieten wiederspiegelt. Ein Kommilitone von mir hat mal festgestellt, dass sich das soziale Sitzverhalten von Menschen mit der Hundsche Regel beschrieben werden kann, die ungefähr besagt: "Wenn für die Elektronen eines Atoms mehrere Orbitale/Nebenquanten mit gleichem Energieniveau zur Verfügung stehen, werden diese zuerst mit je einem Elektron ... besetzt. Erst wenn alle Orbitale des gleichen Energieniveaus mit jeweils einem Elektron gefüllt sind, werden sie durch das zweite Elektron vervollständigt." (http://de.wikipedia.org/wiki/Hundsche_Regel)
Auf dieser Tagung habe ich gesehen, dass dieses Verhalten manchmal extreme Formen annimmt: In einem Vorlesungssaal setzt sich einer an einem Ende einer Sitzreihe, ein anderer setzt sich auf der anderen Seite und beide machen sich breit, so dass auf allen anderen Sitzen der Reihe niemand ohne weiteres sich hinsetzten kann. Man möchte am liebsten hingehen und ihnen sagen: "Hey Einstein, Spitzenidee die Sitzreihe zu blockieren."
Morgens und Abends gehe ich zur Technischen Universität. Ein Teilstück der Strecke führt über den Kurfürstendamm. So dass ich beim flanieren mir ansehen kann, was ich mir kaufen kann und vor allem was nicht. Zum Beispiel habe ich letztens einen schönen Anzug gesehen für 990 Euro. Dazu passend ein Tuch für die Seitentasche aus Seide für nur 65 Euro und blaue Schuhe aus echten Alligatorleder für 4990 Euro.
Während der Tagung habe ich mir für kurze Zeit die Gewohnheit angelegt Kaffee zu trinken. Den Geschmack daran habe ich aber nach zwei Tagen verloren. Da es nicht viele Augenzeugen davon gibt, werde ich so tun als ob diese Sache nie passiert ist und behaupten, dass ich kein Kaffee trinke.
Als ich 2005 zum ersten mal an einer DPG Tagung teilgenommen habe, habe ich kaum Physiker persönlich gekannt. Um mich nicht all zu sehr zu langweilen, habe ich viele Vorträge besucht. Da ich mittlerweile mehr Physiker kenne, die ich auch teilweise lange nicht gesehen habe, hat so ein Tagung noch eine Dimension mehr bekommen.
Am Mittwoch habe ich eine Stadtbesichtigung mit anderen Jacobs Studenten, die nur zum studieren nach Deutschland gekommen sind, gemacht. Es ist schon merkwürdig, wenn Leute, die noch nicht solange in Deutschland sind, sich besser in deiner Hauptstadt auskennen als man selbst. Aber im Gegenzug konnte ich einer Berlinerin den Weg weisen. Eine Frau sprach mich an, wo die Friseurs Innung ist. Ich zeig auf ein Haus, an dem sie eine Minute zuvor vorbei gegangen ist und sage: "Da ist sie. Sie sind wohl zuweit gegangen, wa?"
Heute (Freitag 29.2.) werde ich wieder zurück nach Bremen fahren. Dort erwartet mich ein Ayyam-i-Ha Fest. Gestern habe ich in Berlin schon mal gefeiert.
PS: "Mr. Smith Goes To Washington" habe ich mir noch nicht angesehen, aber ich finde die Endung von Homer Simpson für Mel Gibbsons Remake klasse.
PPS: Nächster Eintrag wird voraussichtlich in zwei Wochen erscheinen.